Die Iraner und Iranerinnen besinnen sich gerne zurück auf ihre antike Geschichte. Die persische Hochkultur wirkt auch oder vor allem heute Identität stiftend. Viele IranerInnen sind stolz auf die lange Tradition der Kultur im Land. Und wir können in unmittelbarer Nähe zur Shiraz die antiken Stätten besuchen, die von dieser großen Kultur des antiken Persiens zeugen. Die zu Repräsentationszwecken gegründete Stadt Persepolis, aber auch die Felsengräber Naqsh-e Rostam und Pasargadae stehen auf unserem Programm.
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Auf der Übersichtskarte neben dem Grabmal wird uns dann bewusst, wie weit die anderen Punkte tatsächlich weg sind. Wenn wir da zu Fuß gehen brauchen wir noch ewig. Wir verlassen uns also einfach auf die Nettigkeit der IranerInnen und winken kurzerhand einem vorbeifahrenden Autofahrer. Er bleibt sofort stehen und nimmt uns mit. Er ist alleine unterwegs und in seinem Auto ist genug Platz für uns. Sein Englisch ist leider nicht gut und unser Farsi nicht existent, so dass wir uns nur wenig unterhalten können. Gemeinsam mit ihm klappern wir also die restlichen Stationen ab, d. h. die Überreste des Audienzpalastes, des Residenzpalastes und die Terassenanlage Takht-e Madar-e Sulaiman. Nach der Fahrt schlägt uns der freundliche Iraner, der uns mitgenommen hat, gleich vor, er könne uns auch nach Persepolis mitnehmen, es wäre sein nächstes Ziel und wir können ihn gern begleiten noch bevor wir in seine Heimatstadt Shiraz fahren. Wir sind wieder einmal überrascht von so viel Gastfreundschaft, lehnen aber dankend ab. Wir sind schon einigermaßen müde von der langen Anreise von Isfahan und möchten uns jetzt einfach nur noch ein Quartier für die nächsten Tage suchen.
Als wir aussteigen, kommen prompt die Erinnerungen an die Felsenstadt Petra in Jordanien. Auch wenn NabatäerInnen einen merkbar anderen Stil bei ihren Bauwerken im Fels verfolgten, eine große Ähnlichkeit ist bei solchen Gräbern im Fels wohl nicht zu leugnen. Wir bewundern die vier Felsengräber in denen achämenidische Könige begraben liegen. Drei der Gräber sind direkt nach Süden gerichtet, das Grab Xerxes I. weicht in seiner Ausrichtung etwas ab. Die folgenden Nahaufnahmen zeigen das Grab des Darius I. und das darunterliegende Relief, welches den Triumph Shapurs I. über den römischen Kaiser zeigt. Unter den Gräbern befinden sich zahlreiche Reliefs wie dieses und allesamt stammen sie aus der sassanidischen Zeit. Bei allen Gräbern aus der achämenidischen Zeit lassen sich unschwer Hinweise auf die damalig vorherrschende Religion erkennen. Ahura Mazda als Schöpfergott im Zoroastrismus ist mit seinen weiten Flügeln auf den Felsengräbern verewigt, wenn man einen genauen Blick darauf wirft.
Nach diesem anfänglichen Ärger können wir uns auf das Wesentliche konzentrieren. Über die parallel verlaufenden Treppenaufgänge führt der Weg geradewegs zum Tor aller Länder. Wir nehmen also den gleichen Weg wie die damaligen Gesandtschaften des persischen Reiches. Im Torgebäude wurden damals alle BesucherInnen registriert, bevor sie das eigentliche Palastgebiet betreten durften. Heute sehen wir von dem Torgebäude nur noch Überreste, doch die geflügelten Stiermenschen, die den Ausgang des Torgebäudes flankieren, sind auch heute noch einigermaßen gut erhalten. Wahrscheinlich dienten mesopotamische Mischwesen dieser Art als Vorbild für die Skulpturen, die in Mesopotamien schon die Funktion hatten jede Gefahr abzuwehren und den Palast zu beschützen. Gemeinsam mit Mehdi und Farnaz schlendern wir durch die restaurierten Überreste der Residenzstadt Parseh, die von den Griechen/Griechinnen dann Persepolis genannt wurde. Mehdi spricht aber ständig nur von Takht-e Djamshid und es dauert eine Zeit, bis wir begreifen, dass er Persepolis damit meint. Takht-e Djamshid bedeutet so viel wie Thron des Djamshid und bezieht sich auf einen mythologischen König der iranischen Sagenwelt, der nichts mit der Geschichte des Perserreiches zu tun hat. Viele IranerInnen benützen diesen Begriff, was uns im Nachhinein auch die Kommunikationsschwierigkeiten erklärt, als wir uns bei Taxifahrern nach dem Preis nach Persepolis erkundigten. Auch sie redeten ständig von Takht-e Djamshid, was uns wieder total verunsicherte.
Alle 23 Delegationen hier abzubilden wäre wohl zu viel, aber ein paar sollen Erwähnung finden. Die Baktier werden mit Schalen und einem Kamel als Zugtier dargestellt (Abbildung 2). Auch an ihrem Haarnetz soll man sie erkennen. Die Lyder (Abbildung 3) tragen einen charakteristischen Hut als Erkennungsmerkmal und sind mit Edelmetallkrüge ausgestattet. Mit Tierhäuten und Kleidung treten die Assyrer (Abbildung 4) dem König entgegen. Charakteristisch für sie sind auch die Widder, die sie mit sich führen. Ebenfalls mit Kleidung und Schüsseln kommen die Ionier (Abbildung 5). Alle Delegationen sind auf den Eingang der Empfangshalle ausgerichtet. Neben den Gesandten gibt es auch immer wieder Reliefs, welche persische Wächter zeigen. Den Reiseführer mit nach Persepolis zu nehmen, zahlt sich auf jeden Fall aus. Immer wieder werfen wir einen Blick ins Buch, um die einzelnen Delegationen auseinanderhalten zu können. Aber irgendwann treibt uns die zunehmende Hitze endgültig aus der Stadt und wir lassen das persische Erbe des Landes hinter uns, um uns wieder auf die iranische Gegenwart zu konzentrieren. Und in dieser Gegenwart sind wir dann vor allem darum bemüht, etwas anderes Essbares zu finden als die immer gleichen Kebabs.